Johannes Kalitzke

*  12. Februar 1959

von Stefan Drees

Essay

»Denn eine Kunst, die nur sich selbst darstellt und die sich selbst genügen will, ohne kommunikabel zu sein, finde ich persönlich entbehrlich – davon gibtʼs genug. Und Kunst, die nur von sich selbst spricht, um sich gewissermaßen in der Oppositionsrolle des selbst erklärten Ghettobewohners eine Daseinsberechtigung zu verschaffen, halte ich für unzeitgemäß« (Kalitzke, zit. n. Rohm 2000, o.S.). Diese Aussage Johannes Kalitzkes ist Ausdruck für die Position eines Komponisten, der das Wesen zeitgenössischen Kunstschaffens im Element der Kommunikation mit dem rezipierenden Gegenüber sucht, ohne indessen qualitative Abstriche im Sinne einer Vereinfachung machen zu wollen. Gerade das enge Ineinandergreifen von strenger struktureller Organisation, vom Bewusstsein für historische Entwicklungen und vom Appell zur kommunikativen Funktion von Musik lässt sich als eine der hervorstechendsten Eigenschaften von Kalitzkes Musik beschreiben. Der durch das Neue gefilterte Blick auf die Vergangenheit setzt vor allem an Gedächtnisfragmenten an, die im Erfahrungshorizont des Individuums verankert sind und sich von dieser Voraussetzung her auf einer möglichst breiten Grundlage entfalten sollen. Für Kalitzke ist dies gleichbedeutend mit einer als Re-Konstruktion begreifbaren Vergegenwärtigung eigener kultureller Wurzeln durch die kompositorische Arbeit. Komponieren wird dadurch zu einem Prozess geschichtsbezogener Sinnbildung, denn Harmonik, Melodik und Klangfarbendramaturgie, ...